Eine andere als die heutige Bedeutung ("jemand, der etwas aufgrund eines Vorkaufsrechts erwirbt") hatte das Wort "Vorkäufer" im 18. und 19. Jh.. Es war der Einkäufer, der sich zwischen den Produzenten und den Einzelhändler schob, die Bauern "abfasste" und die gekaufte Ware oft nur zum kleinen Teil auf dem Markt feilbot, die mehrheitlich nicht verkaufte Ware aber dann zu oft willkürlich gestaltetem Preis dem Einzelhändler -
, Krämer, Viktualienhändler etc. - anbot.
Aus „Der Radikalismus auf dem Naschmarkt“, einem Feuilleton von Ferdinand Kürnberger zur Revolution von 1848:
»Freundlicher Leser, ich könnte dir ein Haus auf der Wieden zeigen, und in diesem Haus eine Wohnung – Louis Philippe wäre glücklich, sie zu besitzen, eine merkwürdige Wohnung! In der Beletage zieht sich eine Reihe der prächtigsten Zimmer hin. Samt bekleidet die Wände, reiche Teppiche die parkettierten Fußböden, brillante Trumeau-Spiegel in strahlend kostbaren Goldrahmen, das prächtigste Ameublement in Mahagoni, schwellende Diwans, Silberschätze, Lüster, Lampen, Bilder, wohin du blickst – Comfort und Luxus, glänzende Entfaltung eines fürstlichen Wohlstandes. Und fragst du mich, welche Revenuen diese Herrlichkeiten ins Dasein zauberten, so antworte ich: der schmutzigste, gemeinste Wucher, und fragst du mich, wer der Sultan dieser asiatischen Prunksäle ist, so antworte ich (ich weiß nicht, ob mich die ganze deutsche Zunge versteht, aber der Wiener kennt seine Pappenheimer), ich antworte: ein Abfasser!
Vorkäufer nennts der Wiener Magistrat in seinen Edikten, der gute Magistrat! Von Jahr zu Jahr werden die Vorkäufer fetter, ihre Wohnungen prächtiger, ihre Obligationen zahlreicher, ihr Geldstolz brutaler. Vorkäufer ist nämlich ein Mann aus dem untersten Pöbel, ein Bengel, der oft nicht lesen und schreiben kann, dafür aber um so überschwänglicher das Rechnen versteht.«
source: Ferdinand Kürnberger, Feuilletons, hg. Karl Riha, Insel Verlag, 1967